In seinem Urteil vom 9. Januar 2025 hat der EuGH festgestellt, dass die Erhebung von Anredeangaben von Kunden eines Eisenbahnunternehmens beim Erwerb eines Fahrscheins gegen die DSGVO verstösst. Der Gerichtshof begründet dies damit, dass im vorliegenden Fall keiner der in Art. 6 DSGVO aufgeführten Rechtfertigungsgründe, die eine rechtmässige Verarbeitung personenbezogener Daten erlauben, erfüllt sind.
Die zwangsweise Abfrage von Anredeangaben der Kunden beim Erwerb eines Fahrscheins ist i.S.v. Art. 6 Abs. 1 lit. b i.V.m Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO nicht objektiv unerlässlich für die Erfüllung eines Beförderungsvertrages durch ein Eisenbahnunternehmen. Die Vertragserfüllung erfordert zwar eine Kommunikation zwischen dem Kunden und dem Unternehmen, um die Fahrkarte übermitteln zu können. Allerdings erscheint eine personalisierte geschäftliche Kommunikation, die auf der Erhebung der Anrede des Kunden basiert, dafür nicht zwingend notwendig. Vielmehr dürften allgemeine und inklusive Formulierungen, die geschlechtsneutral sind, zur ordnungsgemässe Vertragserfüllung ausreichen.
Auch wenn das Eisenbahnunternehmen mit dieser Datenverarbeitung das berechtigte Interesse verfolgt, die geschäftliche Kommunikation durch Anrede des Kunden zu personalisieren, ist der Rechtfertigungsgrund nach Art. 6 Abs. 1 lit. f i.V.m Art. 5 Abs. 1 lit.c DSGVO im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Einerseits, weil das Unternehmen den betroffenen Nutzern das verfolgte berechtigte Interesse zum Zeitpunkt der Datenerhebung nicht mitgeteilt hat. Anderseits geht die Datenerhebung über das notwendige Mass hinaus, um das berechtigte Interesse zu erreichen. Schliesslich überwiegen die Grundrechte der Kunden die Interessen des Eisenbahnunternehmens, da ein Diskriminierungsrisiko im Zusammenhang mit der Geschlechtsidentität besteht.
Mit diesem Vorabentscheidungsurteil hat der Gerichtshof (wie so oft) die Empfehlungen des Generalanwalts in dem betreffenden Rechtsstreit übernommen. Für alle Details zu diesem Fall siehe den Beitrag vom 16. Dezember 2024.
Autorin: Elise Giovannini
Der Beitrag gibt ausschliesslich die persönliche Auffassung der Autorin wieder.