Behutsame Reformierung der schweizerischen Wettbewerbsbehörden geplant

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Die Wettbewerbsbehörden sind in der Schweiz bekanntlich in Form des zweistufigen Verwaltungsbehördenmodells strukturiert. Das heisst, das Sekretariat der Wettbewerbsbehörde untersucht die vorliegenden Fälle und die Wettbewerbskommission (WEKO) entscheidet im Anschluss weiter darüber. Die institutionelle Ausgestaltung der Wettbewerbsbehörden geht auf das Kartellgesetz von 1962 zurück, wobei ihnen damals keine Kompetenz zur Auferlegung von Direktsanktionen zustand. Diese wurde erst mit der KG-Revision 2003 eingeführt. Seither werden immer wieder Forderungen nach einer institutionellen Reform der Wettbewerbsbehörden laut, welche auch in Form von Motionen gestellt wurden.[1]

Am 13. Juni 2025 hat der Bundesrat nun die Vernehmlassung für eine Reform der Wettbewerbsbehörden eröffnet. Dadurch sollen verschiedene Mängel behoben werden, welche insbesondere von einer Expertenkommission, geleitet vom ehemaligen Bundesrichter Hansjörg Seiler, aufgezeigt wurden. Der Bundesrat verfolgt dabei (in weitgehender Übereinstimmung der Untersuchung und daraus hervorgehenden Schlussfolgerungen der Expertenkommission) drei Ziele bei der Reform der Wettbewerbsbehörden: (i) Die Untersuchung durch das Sekretariat und der anschliessende Entscheid durch die WEKO sollen effektiver getrennt werden. (ii) Sodann wird eine Stärkung der Parteirechte angestrebt, wobei insbesondere die Verteidigungsmöglichkeiten der Untersuchungsadressaten verbessert werden sollten. (iii) Zuletzt wird eine schnellere Durchführung der Beschwerdeverfahren vor BVGer angestrebt.

Das Grundmodell der Wettbewerbsbehörde soll damit beibehalten werden, wobei aber in der konkreten Ausgestaltung einige empfindliche Änderungen stattfinden sollen: Um die Trennung zwischen Untersuchung und Entscheid zu verbessern, soll die WEKO neu auf 5-7 Mitgliedern verkleinert bzw. halbiert werden. Sodann soll auf die bisher auf Praxis begründete Vertretung von Verbandsvertretern in der WEKO verzichtet werden. So könne die WEKO gegenüber dem SECO stärker auftreten, da durch das kleinere Gremium effektiver und schneller entschieden werden und es bei der Entscheidung wohl zu kritischeren Diskussionen kommen könne. Dem SECO soll es neu nicht mehr möglich sein, bei Abwesenheit der Parteien vor der WEKO zu plädieren und es soll bloss noch Fragen der WEKO beantworten, nicht aber proaktiv selbst mitteilen können. Damit wird der Einfluss des SECO als Untersuchungsbehörde auf die WEKO als Entscheidungsbehörde weiter eingeschränkt. Umgekehrt soll der bisherige Einfluss der WEKO auf die Untersuchungsphase abgeschwächt werden, indem für gewisse Untersuchungshandlungen die Zustimmung der WEKO nicht erforderlich ist.

Das SECO soll verpflichtet werden, spätestens ein Jahr nach Eröffnung der Untersuchung den Untersuchungsadressaten mitzuteilen, welcher Sachverhalt vorläufig festgestellt wurde und welche Vorwürfe erhoben werden (einschliesslich welcher Rechtsfolgen). Dies stärkt die Parteirechte, da dadurch die Verteidigung besser vorbereitet werden kann, weil die Untersuchungsadressaten wissen, was ihnen vorgeworfen wird. Durch die anschliessende Möglichkeit zur Stellungnahme werden die Parteirechte zusätzlich verbessert.  Eine Schwäche bleibt, die Natur der Einjahresfrist als Ordnungsfrist – konkrete Rechtsfolgen sind mit der Fristversäumung damit nicht verbunden.

Zusätzlich gestärkt werden sollen die Parteirechte durch die Einführung des sog. Datenraumverfahrens, welches den Parteien in gewissen Verfahren bessere Einsicht gewähren kann. Bisher war dies nur mit Zustimmung der Parteien möglich.

Schliesslich soll das Beschwerdeverfahren beschleunigt werden, indem am BVGer neu nebenamtliche Richter und Richterinnen mit ökonomischen und kartellrechtlichen Fachkenntnissen eingesetzt werden. Dies soll das Verfahren beschleunigen und die Unabhängigkeit des BVGer gegenüber der WEKO stärken. In diesem Zusammenhang soll im Übrigen die Beschwerdefrist für WEKO-Entscheide am BVGer gelockert werden, zumal die 30-Tage-Frist bei komplizierten Sachverhalten als unzulänglich empfunden wurde. Neu soll bei sehr umfangreichen Verfügungen der WEKO eine Nachfrist möglich sein.

Fazit

Die Revision der WEKO zielt auf schnellere und unabhängigere Verfahren. Insbesondere die Stärkung der WEKO gegenüber dem Sekretariat ist zielführend, wobei besonders der Ausschluss von Verbandsvertretern zu begrüssen ist, da so auch stark politisch agierende Akteure von der Kommission ausgeschlossen werden.

Die Verbesserung der Parteirechte ist demgegenüber insgesamt eher schwach (blosse Ordnungsfristen usw.). Das verstärkte Fachwissen bei Fachrichtern ist zu begrüssen.

Der Bundesrat sieht insgesamt positive Änderungen vor, möchte aber das Grundmodell der Wettbewerbsbehörden beibehalten. Evolution statt Revolution ist (einmal mehr) das Gebot der Stunde in Bern.

Autorin: Alina Grob
Der Beitrag gibt ausschliesslich die persönliche Auffassung der Autorin wieder.


[1] So die Motion 22.4404 Rechsteiner Thomas und die Motion 23.3224 Wicki (Français).