Revision der Verjährungsfristen

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Seit 2009 wird in der Schweiz eine Revision des Verjährungsrechts angestrebt. Ein erster Vorschlag sah eine Verjährungsfrist von 30 Jahren bei Personenschäden vor. Das Urteil des EGMR in Sachen  Howald Moor u.a./Schweizverhalf den Bestrebungen zum endgültigen Durchbruch. Der EGMR hielt fest, dass die kurze Verjährungsfrist bei Asbestgeschädigten eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK darstellt, weil mit dieser Frist das Recht auf ein faires Verfahren verletzt und der effektive Zugang zum Gericht verweigert wird. Konkret konnte die absolute Verjährungsfrist bereits abgelaufen sein, bevor der Schaden virulent wurde. Am 1.1.2020 tritt nun neu eine absolute Verjährungsfrist von 20 Jahren bei Personenschäden in Kraft (Art. 60 Abs. 1bis und Art. 128a OR). Damit soll ermöglicht werden, dass auch Opfer, deren Schäden erst viele Jahre nach dem Schädigungszeitpunkt auftreten, die Möglichkeit haben, ihre Ersatzansprüche durchzusetzen.

Ebenfalls verlängert wird durch die jetzige Reform die relative Verjährungsfrist, nämlich von einem Jahr auf drei Jahre. Während die neue zwanzigjährige Verjährungsfrist nur auf Personenschäden anwendbar ist, gilt die relative Verjährungsfrist für alle Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung. Der neu geschaffene Art. 128a sieht als Parallelbestimmung zu Art. 60 Abs. 1bis OR auch für Ansprüche aus vertragswidriger Körperverletzung oder Tötung eine relative Verjährungsfrist von drei Jahren und eine absolute Verjährungsfrist von zwanzig Jahren vor. Auf diese gesetzliche Grundlage sollen sich zukünftig Forderungen von Asbestopfern gegen ihre (früheren) Arbeitgeber stützen lassen.

Mit der Revision werden die Hinderungs- und Stillstandsgründe aus Art. 134 OR teilweise angepasst (Ziff. 6) und mit zwei neuen Varianten ergänzt. Neu beginnt die Verjährung nicht zu laufen oder sie steht still, falls sie begonnen hat

  •  während der Dauer des öffentlichen Inventars, sofern Forderungen gegen den Erblasser vorliegen (Ziff. 7);
  • während der Dauer aussergerichtlicher Streitbeilegungsversuche, sofern die Parteien dies schriftlich vereinbart haben (Ziff. 8).

Künftig wird ferner in Art. 141 OR ausdrücklich festgehalten, wann und unter welchen Voraussetzungen der Schuldner auf die Verjährungseinrede verzichten kann. Gemäss Abs. 1 kann der Schuldner weiterhin nicht im Voraus auf die Einrede der Verjährung verzichten, sondern erst ab Beginn der Verjährung und zwar für höchstens zehn Jahre. Der neu eingefügte Abs. 1bis verlangt, dass ein solcher Verzicht schriftlich erfolgen muss. Im Übrigen wird konkretisiert, dass Verjährungsverzichte in allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zulasten des Vertragspartners des AGB-Verwenders vorgesehen werden können.

Hinzu kommt Abs. 4, der einen Spezialfall im Versicherungsvertragsrecht regelt: Der Verzicht zur Geltendmachung der Verjährungseinrede existiert demnach für beide Parteien nur, wenn sich der Schuldner auf ein direktes Forderungsrecht gegenüber dem Versicherer berufen kann.

Fazit

Es ist fraglich, ob die Neuregelung der Verjährungsfrist tatsächlich ausreicht, um Schadenersatzansprüche gegen Spätschäden in der Praxis tatsächlich erfolgreich geltend zu machen. Bei manchen Krankheiten, die mit dem Kontakt zu Asbest in Verbindung gebracht wird, dauert es bis zum Ausbruch der Krankheit durchschnittlich 40 Jahre seit dem erstmaligen Inkontaktkommen.
Die weiteren Anpassungen sind zu begrüssen, da sie zu einer Vereinheitlichung und mehr Rechtssicherheit beitragen werden.
Weitere Informationen zur Revision des Verjährungsrechts finden sich auf der Webseite des Bundesamtes für Justiz.

Autorin: Nadja Stähli
Der Beitrag gibt ausschliesslich die persönliche Auffassung der Autorin wieder.