Neues Blockchain-Gesetz im Fürstentum Liechtenstein

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Mit dem liechtensteinischen Token- und VT-Dienstleister-Gesetz (TVTG) ist am 1. Januar 2020 eines der weltweit ersten Blockchain-Gesetze in Kraft getreten. Insbesondere mit Blick auf die sachenrechtliche Qualifizierung von Token könnte das Fürstentum Liechtenstein damit eine Pionierrolle bei der Steigerung der Rechtsicherheit in der Token-Ökonomie einnehmen.

In Art. 2 Abs. 1 lit. c Ziff. 1 TVTG findet sich folgende Legaldefinition für Token: Im Sinne dieses Gesetzes gelten als „Token“: eine Information auf einem VT-System, die Forderungs- oder Mitgliedschaftsrechte gegenüber einer Person, Rechte an Sachen oder andere absolute oder relative Rechte repräsentieren kann. (Gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. b TVTG sind VT-Systeme Transaktionssysteme, welche die sichere Übertragung und Aufbewahrung von Token sowie darauf aufbauende Dienstleistungserbringung mittels vertrauenswürdiger Technologien ermöglichen.)

Im Vernehmlassungsbericht beschränkte die liechtensteinische Regierung den Sachbegriff auf körperliche Gegenstände – insoweit weicht das liechtensteinische Sachenrecht nicht von seiner Rezeptionsvorlage, dem Schweizer Recht, ab. Token gelten aufgrund ihrer fehlenden Körperlichkeit folglich nicht als Sachen, sondern als Vermögensobjekte sui generis. Eine Erweiterung des sachenrechtlichen Eigentumsbegriffs auf Token sei zwar nicht auszuschliessen, würde aber das etablierte System des Sachenrechts erheblich tangieren und letztendlich die Untersuchung bzw. Abänderung zahlreicher Bestimmungen bedingen. Deshalb wird das Eigentum an Token im Fürstentum nun autonom für VT-Systeme geregelt, was unter anderem mit der Einführung eigenständiger Begriffe – wie „Verfügungsberechtigter“ und „Inhaber der Verfügungsgewalt“ im Art. 5 TVTG – verbunden ist.

Rechtsordnungen, die im Gegensatz zur Schweiz und zu Liechtenstein einen weiten und über die Körperlichkeit hinausgehenden Sachbegriff kennen, sehen sich unter Umständen nicht mit dieser Thematik konfrontiert. In Österreich beispielsweise werden Coins und Token von der Formulierung in § 285 ABGB durchaus erfasst. Diese Rechtssicherheit besteht in der Schweiz noch nicht: So existiert hierzulande vereinzelt die Meinung, Token seien als Sachen zu qualifizieren, da sie mit der Kontrolle über den Private Key beherrscht werden können und durch öffentliche Register Publizität geschafft werde. Dieser Mindermeinung folgt der Bundesrat im Dezember 2018 erlassenen Bericht „Rechtliche Grundlagen für Distributed Ledger-Technologie und Blockchain in der Schweiz“ zu Recht nicht. Der Gegenstand eines Eigentumsrechts muss gemäss der herrschenden Lehre nach schweizerischem Zivilrecht stets Körperlichkeit aufweisen. Bei Token kann diese Voraussetzung gemäss Bundesrat nicht konstruiert werden – auch nicht mittels Argumentation über den Private Key.

Fazit

Das neue Blockchain-Gesetz im Fürstentum Liechtenstein kann für Rechtsordnungen mit vergleichbarem Sachbegriff – freilich stets unter Beachtung der eigenen privatrechtlichen Besonderheiten – durchaus als Vorlage dienen. In der Schweiz zeichnet sich trotz sachenrechtlicher Gemeinsamkeiten ein eigensinniger Prozess ab: Zwar ist die Erfassung von Token unter den Begriff „Sache“ und somit eine Erweiterung des Sachbegriffs in beiden Staaten nicht geplant. Die Steigerung der Rechtssicherheit soll stattdessen in der Schweiz zurzeit nicht mittels eines autonomen Gesetzes à la TVTG erreicht werden, sondern durch zahlreiche punktuelle Anpassungen, namentlich im Bereich des internationalen Privatrechts oder im Wertpapierrecht.

Autorin: Lara Blumer
Der Beitrag gibt ausschliesslich die persönliche Auffassung der Autorin wieder.