Anwendbarkeit des LugÜ nach dem BREXIT

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Das Bundesgericht befasst sich in seinem Entscheid vom 22. März 2021 mit der Frage, ob und wie das Lugano Übereinkommen (LugÜ) auf Urteile aus dem Vereinigten Königreicht angewendet wird, die während oder nach dem Brexit ergangen sind.

Das Bundesgericht hält in seinem Entscheid zunächst fest, dass das Vereinigte Königreich durch seine Mitgliedschaft in der EU Vertragspartei des LugÜ ist. Dies gilt nicht nur bis zum Austritt aus der EU am 31. Januar 2020, sondern gem. Art 126 i.V.m. Art. 129 Abs. 1 des Austrittsabkommens bis zum Ende des Übergangszeitraums am 31. Dezember 2020. Das Bundesgericht stützt diese Ansicht zudem auf den Notenaustausch 28/30 Juni 2020, wo festgelegt wurde, dass nach schweizerischem Rechtsverständnis das Vereinigte Königreich bis zum Ende der Übergangsfrist als EU-Mitgliedsstaat betrachtet wird. Folglich bleibt das LugÜ auf Entscheide aus dem Vereinigten Königreich anwendbar, die vor Ende der Übergangsfrist ergangen sind.

Keine Antwort liefert der Bundesgerichtsentscheid hingegen auf die Frage, ob das LugÜ weiterhin einschlägig ist, wenn die Anerkennungs- und Vollstreckungsgesuche nach dem Übergangszeitpunkt – also ab dem 1. Januar 2021 – eingereicht werden. Da das LugÜ selbst keine auf diese Frage zugeschnittenen Übergangsbestimmungen enthält, verweist das Bundesgericht auf die gängigen Lehrmeinungen, welche alle zum selben Ergebnis gelangen:

  • So leiten etwa Markus und Markus/Huber-Lehmann aus Art. 63 LugÜ ab, dass die Anerkennung von Urteilen, die vor Ende des Übergangszeitraums rechtskräftig wurden, durch das LugÜ geregelt würde.
  • Auch Sievi kommt zum selben Ergebnis, leitet dies aber aus Art. 70 Abs. 1 lit. b Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge i.V.m. Art. 32 f. und 38 LugÜ ab.

Das Bundesgericht gibt diese Meinungen wieder, stimmt ihnen aber nicht ausdrücklich zu, da in casu das Anerkennungsgesuch vor Ende der Übergangszeit einging, weswegen es für den vorliegenden Sachverhalt nicht relevant ist.

Fazit

Es ist zu begrüssen, dass das Gericht zur Erkenntnis gelangt, dass auch Anerkennungen und Vollstreckungen in der Übergangszeit zeitlich vom LugÜ erfasst werden, denn so kann wünschenswerte Rechtssicherheit geschaffen werden.

Bedauerlich ist indessen, dass das Bundesgericht die Möglichkeit nicht ergriffen hat, sich zur kontroverseren Thematik der Anerkennung nach der Übergangszeit zu äussern. Da in casu die Einreichung der Beschwerde vor Bundesgericht noch während des Übergangszeitraums stattfand, begnügt sich das Bundesgericht mit der Wiedergabe des aktuellen Stands der Lehre zu den Folgen ab dem 1. Januar 2021, ohne sich weiter dazu zu äussern.

Autorin: Nina Bleiker
Der Beitrag gibt ausschliesslich die persönliche Auffassung der Autorin wieder.